Die Kraft alter Regeln

Man erzählt sich die Geschichte von einem Coach bei der Marine. Der wunderte sich, dass die Kanoniere auf einem der modernen Kriegsschiffe immer bevor sie ein Geschütz abfeuerten einen Schritt zurück traten. Einen richtig deutlichen Schritt. Erst dann gingen Sie wieder an das Geschütz und schossen.

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Nachdem er das einige Tage beobachtet hatte, sprach der Coach die Kanoniere an und fragte, wieso sie diesen offenkundig überflüssigen Zusatzschritt ausführten. „Das steht so in den Vorschriften“ war die Antwort. Worauf sich der Coach in die dokumentierten Vorschriften einlas und feststellte: Es stimmte! In den Vorschriften wurde das Bedienpersonal von Geschützen verpflichtet, zuerst einen Schritt zurückzutreten um dann wieder zum eigentlichen Abschuss vorzutreten.

Wieso stand so ein Unsinn in den Vorschriften? Genug Motivation für den Coach, sich tiefer einzugraben. Und tief in der Historie dieser Vorschriften versteckt, fand er den Grund, mehr als ein Jahrhundert in der Vergangenheit. Die Vorschrift stammte aus einer Zeit, in der Kanonen von Pferden gezogen wurden. Und daher musste der Kanonier einen Schritt zurücktreten, um das Pferd zu halten, bevor er die Kanone zündete …

Und so wirkt eine praktische Regel aus alter Zeit noch heute, obwohl die Pferde längst verschwunden sind und mit ihnen der komplette Kontext für die Regel. Aber das war schon lange vergessen und deshalb hinterfragte niemand diese Praxisregel.

Auch im nächsten Blogbeiträge wird es um versteckte Spielregeln gehen.

 

Picture Source: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tsar_Cannon_mouth.jpg

Die Welt als Spiel

Bei der Beschäftigungen mit vielen Bereichen der Innovation und Zukunftsforschung habe ich festgestellt, dass es eine hervorragende gedankliche Basis ist, sich die Welt als ein Spiel vorzustellen. Oder als viele Spiele. Und zwar Spiele, die ihre Spielregeln gelegentlich ändern. Entweder „von selbst“ (das nennt sich dann Evolution), oder durch Erfinder neuer Spielregeln (solche Leute nenne ich „Change Maker“).

Egal ob in Unternehmen, in Gesellschaften oder im eigenen Kopf: Wir richten uns nach bestimmten Spielregeln die unserer Möglichkeiten und Grenzen mitbestimmen und spielen nicht immer dasselbe Spiel. Es gibt nicht nur Fußball, sondern bestimmte Ereignisse bewirken, dass neue Spiele möglich sind.

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Diese „Spielregeln“ verstecken sich hinter vielen Begriffen. „Glaubenssätze“, „Vorannahmen“, „praktische Erfahrung“, „Theorie“, „Kochrezepte“ sind alles Wörter für Spielregeln, sei es in Branchen, im Arbeitsalltag oder bei der Lebensführung. Im Extremfall dann noch Begriffe wie „Naturgesetze“. Wenn Sie einmal eine Weile darüber nachdenken, werden Sie sicherlich bei vielem was Sie umgibt oder mit was Sie sich beschäftigen feststellen können, dass es auf Spielregeln beruht, es nicht so sein müsste, wie es ist.

Aus dieser Logik heraus suche ich eben in meiner Arbeit nicht Forecaster oder Trendforscher (die bleiben meistens innerhalb des aktuellen Spiels), ich will Menschen, Unternehmen und Regionen, die Spielregeln prägen, bessere Reflexe haben, mehr Menschen einbinden, schneller vernetzen. Kaum ein Wunder, dass mich die digitale Revolution interessiert, denn sie ist ein wesentlicher Treiber für veränderte Spielregeln. Echte Innovation und wirkliche Zukunftsorientierung hat für mich etwas damit zu tun, die Spielregeln zu ändern.

Robert Dilts sagt, dass vieles von dem was uns umgibt, früher einmal nur eine Idee, ein Traum, eine Vorstellung im Kopf einer Person war. Das ist natürlich eine schöne Vorstellung, aber darin ist auch eine kleine Schwierigkeit versteckt. Denn: Das Schlimmste ist, wenn wir vergessen haben, dass wir die Spielregeln einmal gefunden oder erfunden haben. Und sie uns aber immer noch prägen. Denn dann können wir sie nicht ändern. Wir wissen ja gar nicht, dass sie da sind!

John Maynard Keynes schrieb darüber, dass gerade „Praktiker“ oft Sklaven schon lange verschimmelter Denker sind, die Spielregeln erfunden haben, nach denen sich die Praktiker richten. Ohne sich dessen bewusst zu sein. Er schrieb das über die Ökonomie, aber das Bild passt auf Vieles. Gerade diese „unbewussten“ Spielregeln sind in der Regel die wirksamsten. Wir handeln ihnen gemäß, ohne das auch nur einen Hauch in Frage zu stellen.

Das Gefährlichste sind Erfolge. Denn sind wir mit einer Methode, einem Ansatz lang genug erfolgreich, glauben wir, das sei „für immer“. Wir glauben also nicht, dass es die gerade angemessene Spielregel ist, sondern dass es „das Richtige“ ist. Nach einer Weile Erfolge glauben wir, das sei „Realität“, das sei so etwas wie ein Naturgesetz und vergessen, dass wir diese Realität selbst erfunden haben. Realität ist nicht fix, sie ist eine Option.

Wenn wir wissen, wo bestimmte Spielregeln herkommen und auf welchen Grundannahmen sie beruhten, können wir sie auch tiefgreifender ändern, wenn dies nötig erscheint.

Um diese etwas allgemeinen, „philosophischen“ Ansätze mit Leben zu füllen, lesen Sie in den nächsten Beiträgen einige typische Geschichten über vergessene Spielregeln und wie sie trotz des Vergessens Innovation behinderten.

Sollen wir mal über Reproduktives Klonen reden?

So, nun ist das „erste Mal ein Mensch geklont worden“ (wobei das – ohne die wissenschaftliche Leistung schmälern zu wollen – schon etwas übertrieben ist. Ich verwechsle auch nicht meinen Nachbarn mit seinen Hautschuppen) und die ZEIT titelt schon „Frankensteins Traum wird wahr“ (und wobei das mit dem Frankenstein mit diesem Thema eigentlich relativ wenig zu tun hat).

Und plötzlich flammt die Debatte wieder auf, was das alles in der Zukunft so bedeuten könnte. Diese Debatte gab es schon einmal vor einigen Jahren, getragen von den klassischen Medien, die überwiegend uninspirierten Unsinn schrieben oder sendeten. Da ich mich damals schon fleißig darüber geärgert habe, setzte ich mich hin und recherchierte die wissenschaftlichen , gesellschaftlichen und auch religiösen Ideen zum Kern der Diskussion, dem reproduktiven Klonen.

Die angesammelten Ideen in zusätzliche Artikel und Podcasts zu packen erschien mir zu langweilig, und so schrieb ich auf der Basis einen Roman. „Die einzig Wahre“ handelt von einem Projekt von Medienbossen, die antike Kleopatra zu klonen, um einen kultigen Filmstar vorweisen zu können. Und spielt in guter Science Fiction Manier fort, was sich im Detail dann daraus entwickelt. In diesem Roman werden die verschiedenen Konzepte und Einstellungen durch die Hauptfiguren verkörpert oder erklärt.

DieEinzigWahre_CoverMein Schluss war, dass es eigentlich im Ergebnis ziemlich banal ist (das Klonen, nicht der Roman 🙂  ) und wir uns besser über irgendetwas Sinnvolleres aufregen sollten. Aber anscheinend ist (siehe ZEIT) darüber noch nicht genug gesprochen worden.

Da die von den Figuren in „Die einzig Wahre“ geführten Diskussionen aus meiner Sicht die Positionen zum Thema nach wie vor ziemlich vollständig abbilden, empfehle ich den Roman hier zur Lektüre als Alternative zur Sensationspresse und hoffe, dass viele das per Retweet, Liken etc. auch tun.

Urbanisierung – Der zweite Blick

Image„Move to the city“: Das ist das erste, was der Held im Buch „How to get filthy rich in rising Asia“ (sinngemäß: Wie man im aufstrebenden Asien schweinereich wird) des pakistanischen Autors Mohsin Hamid unternimmt, um die Verheißung des Buchtitels zu erfüllen. Und gerade dass in Asien Millionenstädte im Wochentakt gebaut werden, verstärkt unseren Glauben in den Megatrend Urbanisierung.

Nur werde ich von Berufs wegen skeptisch, wenn sich alle zu sicher sind. Wachsende Urbanisierung und die dazu passenden Voraussagen von „Im Jahre X werden Y% (in jedem Fall eine enorm hohe Zahl) der Weltbevölkerung in Städten leben“ nehmen in den Medien schon den verlässlichen Status von Naturgesetzen an. Aber selbst wenn es paradoxerweise ökologische Gründe geben könnte, sich Verstädterung zu wünschen – wie der US-Umweltaktivist Bill McKibben nachdenklich darlegte – stellt sich die Frage, ob das wirklich so sicher die Zukunft ist.

Zum einen gibt es deutliche Gegentrends. Das Magazin „Landlust“ stürmt von Auflagenrekord zu Auflagenrekord. Das könnte man jetzt noch als romantische Verklärung und Wunschdenken interpretieren, ähnlich wie die Mittelalterverklärung im 19. Jahrhundert als Gegenreaktion auf die Industrialisierung. Zumal Landlust ja nur bedingt davon handelt, tatsächlich auf dem Land zu leben …

Zum anderen aber sind einige der Existenzgründe für Städte dabei, wegzufallen. Städte entwickelten sich in der menschlichen Geschichte zuerst als Märkte und dann als Basis der Industrie und damit als Arbeitsplatzalternative zur Landwirtschaft. Die Produktion wurde in der Stadt zusammengezogen und damit mussten die Menschen auch dahin ziehen. Aber dieser Treiber wird in einer Welt, die zunehmend digitale Produkte und Services produziert obsolet. Und die übriggebliebenen materiellen Dinge erzeugen wir schon bald im 3D-Drucker vor Ort und leben in einem Nullenergiehaus mit dezentraler Energieversorgung.

Der zweite Treiber der Stadtentwicklung war kultureller Natur. In Städten wurden Ideen ausgetauscht, Verschiedenheit traf aufeinander. Und damit entstanden die neuen Ideen, die Konzepte für das menschliche Leben, in Städten. Wer dabei sein wollte, „up-to-date“, der musste Städter werden. Auch das ist schon eine Weile vorüber. Heute entwickeln die „networked individuals“ (Lee Rainie) neue Ideen auf globaler Ebene, oft ohne zu wissen, wo sich ihr jeweiliger Gesprächspartner gerade aufhält. So entsteht Innovation im globalen Dorf, ohne irgendeiner Megalopolis zu bedürfen. Passend dazu schreibt „The Futurist“, dass Knowmads Wachstum in „micro-urban“ Gebieten fördern könnten.

Ein Knowmad ist ja laut Knowmad-Society ein nomadischer Wissensarbeiter, also jemand der frei herumziehen kann, weil er virtuell arbeitet. Bloß ist das mit der “micro-urban”-Entwicklung gar kein Zukunftsbild mehr, das passiert schon lang und gerade, weil die Leute nicht Nomaden sind, sondern einfach da bleiben wo sie sind. Selbst wenn das nahezu im Busch ist. Das Freelancer-Portal Elance führt in seiner Statistik der Top 50 Verdienerstädte  in den USA Orte wie Chaska in Minnesota auf.

Mein Konzept des Cyberdropouts bedeutet, dass man arbeiten kann wo man will und leben kann wo man will und das nicht notwendigerweise derselbe Ort sein muss. Und das bedeutet – wie in meinem Fall – dass man sehr deutlich selbst auf dem Land leben kann und trotzdem technologisch an vorderster Front mitmischen (mehr dazu hier in meinem TEDex-Vortrag).

Also auch hier: Kein Grund mehr, zwanghaft in einer Stadt zu wohnen (außer man will das unbedingt). Und wenn das jetzt jeder machen würde? Es hat schon Tradition, aus dem Prinzip heraus etwas Neues aufzubauen, weil man gerade nicht im angesagten Zentrum ist. Hollywood wurde von Individualisten dort gegründet wo es ist, weil es so weit wie möglich von den beherrschenden Städten des Ostens entfernt war. Was also, wenn Menschen weltweit zunehmend erkennen, dass sie in der Zukunft viel eher tun können was sie wollen, wenn sie nicht in eine Stadt ziehen?

Dann könnte es mit dem Trend ganz anders laufen, als es Trendpäpste verkünden. Stell dir vor es ist Urbanisierung und keiner zieht hin …

Studie “Zukunft des Automobilhandels – Krise als Geschäftsmodell?”

Die Zukunft des Automobilhandels ist aktuell unsicherer und risikobehafteter denn je, trotzdem bieten sich auch enorme Chancen für Markteilnehmer, die die richtigen unternehmerischen Entscheidungen im Hinblick auf die künftigen Herausforderungen der Branche treffen.
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Als aktiver Partner des Handels und der Hersteller führt die V-max GmbH ab April 2013 mit Führungskräften aus den unterschiedlichsten Bereichen des Automobilhandels ein Delphi-Panel durch. 

Im Rahmen der Studie interviewt das V-max-Team „Macher“ aus allen Bereichen der Branche, die im Dialog aktuelle Trends auf ihre Relevanz prüfen und Faktoren definieren, die die Zukunft prägen werden.

Die Studienergebnisse sollen die Faktoren beschreiben, die den Weg in die Zukunft bestimmen, verschiedene wahrscheinliche Szenarien darstellen und Handlungsoptionen für die am Marktgeschehen Beteiligten liefern. Sie bietet damit eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die unternehmerischen Weichenstellungen der nächsten Jahre.

Die Studie bildet den Auftakt zu einer Veranstaltungsreihe rund um die Zukunft des Automobilhandels, mit der die V-max GmbH Entscheider aus der Automobilbranche künftig praxisnah und aktiv in einen Dialog einbinden will.

Ich betreue von Seiten der V-max GmbH die Studie und werde natürlich in den nächsten Monaten auch etwas davon erzählen, was wir so besprochen haben.