Wilde Science Fiction Lebensläufe

In der neusten Folge des Zukunftskurses entwickeln wir für Ihr persönliches Leben ein völlig neuartiges Szenario. Spann bisher das Forcasting die Geschichte Ihres Lebens mehr oder minder unterhaltsam in die Zukunft weiter, betreiben wir ab jetzt Backcasting. Wir erfinden eine Zukunft, in der viele ungeahnte Entwicklungen ein völlig neues Spiel ermöglichen oder eine besonders wünschenswerte Zukunft, ohne zuerst darauf zu achten, ob das besonders wahrscheinlich ist. Diese wilden Zukünfte erzeugen dann in unserer Gegenwart einen Sog des Möglichen und einen Sog des Wünschenswerten.
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Im Zukunftskurs gehen wir das in zwei Schritten an:
  1. Wir überlegen uns Wildcards und setzen Sie in die Events unserer Timeline ein. Wildcards kommen überraschend, sind nicht vorhersagbar (was nicht heißt, dass man sich keine einfallen lassen kann). Und sie haben enorme Wirkung. Wildcards sind die Knaller-Events, Dinge und Ereignisse, die umwälzend sind. Wildcards verändern unsere Welt und unser Weltbild, die Spielregeln, das woran wir glauben. Das, worauf wir uns verlassen. In unserer Timeline konzentrieren wir uns dabei auf – wie ich sie nenne – Innovation Wilds. Sie bündeln die Rolle der Innovation bei den Wildcards, der Erfindungen, der Enabler. Zu den Entwicklungen, die uns plötzlich ungeahnte Möglichkeiten an die Hand geben, auch Möglichkeiten, unser zukünftiges Leben anders zu gestalten. Zu Innovationen, die radikal andere Vorgehensweisen ermöglichen. Mein Podcast DAZ Nummer 101 “Let´s get wild” erklärt, wie man diese Wildcards findet und wie sie Einzug in Ihre Timeline finden und wie man Wildcards “mit Vorsatz” erfindet.
  2. Wir beschreiben ein Szenario, in dem alle diese Wildcards eintreten, die uns zu einer phänomenalen Zukunft verhelfen. Einen zukünftigen Lebenslauf, bei dem Science Fiction Helden wie Perry Rhodan blaß werden. Diese Geschichte eines Tags in zwanzig Jahren, bei dem alles anders ist, großartig und bombastisch, entwerfen wir in Podcast DAZ Nummer 102 “Science Fiction Lebenslauf”.
Die Übungsunterlagen zu den Podcasts finden sich in der “Ihre Zukunfts Story” Ausgabe für Folge 13 bis 16.
Im Podcast verspreche ich ein paar Quellen zu nennen, bei denen man sich bedienen kann, um auf mehr schräge Wildcards für die eigene Backcastingtimeline zu kommen. Diese Quellen sind natürlich beständig im Fluss, ich werde neue hinzufügen, wenn mir spannende Aufzählungen auffallen.
Wenn Ihnen noch weitere ergiebige Quellen begegnen, immer gerne hier in die Kommentare. Auf das wilde Backcasting Timelines blühen.

100 Sendungen Abenteuer Zukunft!

“Das Abenteuer Zukunft” wurde gestartet, um auf eine optimistische, chancenbetonte Art über die Möglichkeiten der Zukunft zu berichten. Und das nicht, weil ich die Kehrseiten mancher Entwicklungen nicht kennen würde, sondern weil sich die deutschsprachigen Medien ausschließlich auf diese Seite warfen und wir auf diese Weise nur die negativen Möglichkeiten wahr machen würden. So spricht Abenteuer Zukunft eher von einem kommenden Zeitalter des Reichtums (DAZ 42), das andere Hypezeitalter wie die Renaissance in den Schatten stellen wird, und von einer Rückkehr der legendären 20er Jahre in wenigen Jahren (DAZ 66) aber mit ganz anderer Größenordnung.

 

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Dazu passend bin ich viele Themen in diesen 100 Sendungen auf ungewöhnliche, teils radikale Weise angegangen, nicht, um damit die Zukunft vorherzusagen, sondern um meine Zuhörer auf ungewöhnliche Ideen zu bringen, mit denen sie selbst eine spannende Zukunft miterschaffen können:

 

  • über eine Medizin der Zukunft, in der Zähne nachwachsen (DAZ 03) und Organe einfach nachproduziert werden  (lange bevor Unternehmen wie Organovo das umzusetzen begannen) oder den Körper der Zukunft, bei dem wir ein paar Features upgraden (DAZ 24),
  • über die Zukunft der Ernährung, in der Slow Food, Smart Food, Molekularküche, Gentechnik und gastronomischer Genuss schräge Allianzen eingehen und wir zum grünen Mann mutieren, der nur essen muss, wenn es ihm Lust bereitet (DAZ 11),
  • über eine Politik der Zukunft, die sich fragt, ob wir Bürger noch Parteien oder Parlamente brauchen (DAZ 16 im Jahr 2006, vor Finanz- und Schuldenkrise) oder ob man nicht direkt eigene Staaten gründet (Seeluft macht frei, DAZ 54),
  • über den Sex der Zukunft, bei dem wir Roboter als lernfähige Partner gewinnen und uns noch ein paar Geschlechter zulegen, da uns nur zwei zu wenige Kombinationsmöglichkeiten sind (DAZ 57),
  • über Sport der Zukunft (DAZ 35), wobei harmlos darüber geplaudert wurde, ob Doping nicht die normalste Sache der Welt sein könnte,
  • über Langlebigkeit, die mit dem Patchworkleben (DAZ 43) mehrere klassische Karrieren und Lebenswege in einem Leben bietet,
  • den Weltraumtourismus, der uns normalen Menschen den Weg ins All ermöglicht (DAZ 65) ,
  • oder über das Kino und Gaming der Zukunft, das direkt in unsere Träume eingespielt wird (DAZ 89).
Ein Leitmotiv bei “Das Abenteuer Zukunft” sind die Enabler, also Innovationen, mit denen wir die Spielregeln, auf denen unsere Gesellschaft beruht nachhaltig verändern können. Deshalb funktionieren alte Kochrezepte, mit denen unsere Industriegesellschaft gewachsen ist so oft nicht mehr. Ein typische Beispiel für so einen Enabler ist der oft erwähnte Nanofabricator in der Garage, also ein Apparat, der bei mir zuhause in der Garage in einer mystischen Blubberbrühe alles produziert, was ich mir wünsche und als Blueprint aus dem Internet downloaden kann: von Handies über Steaks bis zu ganzen Autos. Und auf diese Weise klassischen Welthandel und Kostenvorteile zunichte macht. 2006 war das eine kaum vorstellbare Annahme, heute weiß durch das Maker Movement und die 3D-Drucker jeder, wovon die Rede war.
DAZ 69 “Post Scarcity und Robot Society” schildert genau die Gesellschaft, in der überragende Produktionsmethoden klassische Industrie überflüssig machen oder die Idee, dass man etwas kaufen müsste. Die Sendung war 2009, hierzulande tourte Jeremy Rifkin letztes Jahr durch die Diskussionskreise mit Zero Margin Society und die Medien hörten zu. Die ebenfalls seit letztem Jahr heftig tobende Diskussion über Robotisierung  und die Vernichtung von Arbeitsplätzen habe ich schon früh thematisiert: in “Hyperhumanismus” (DAZ 53).
Aber mein Lieblingsleitmotiv während all dieser Jahre und eine der Kernwerte aller dieser Sendungen ist die Wiederermächtigung des einzelnen Menschen im Verhältnis zu Experten, Organisationen oder Regierungen und der immense Wert, der in einer globalen Vernetzung dieser individuellem kreativen Potentiale liegt. Systematisch bin ich in vielen Sendungen durchgegangen, auf welchen Gebieten der Einzelne, elegant durch die Digitalisierung mit Gleichgesinnten vernetzt, seine Unabhängigkeit wiedergewinnt und für uns alle Außerordentliches bewirkt:

 

  • In “Die Rückkehr der Dilettanten” (DAZ 23) zeige ich, dass begeisterte Nicht-Profis in vielen Feldern mehr leisten können als Profis, weil sie über das Internet das Wissen der Welt zur Verfügung haben und sich für ihre Liebhaberei alle Zeit der Welt nehmen können. Sie tun nur, was sie für richtig und gut halten, Marktforschung oder Expertenmeinungen interessiert sie nicht.
  • “Länger ist doch besser” (DAZ 40), die Sendung über den “Long Tail” bot dann für diese “Nischeninteressierten” den passenden Vermarktungsmechanismus. Was brauchen wir Experten und Bestsellerlisten, wenn wir genau das finden und erwerben können, was nur uns interessiert und beglückt?
  • In “Social Lending” (DAZ 41) geben sich die unabhängigen aufgeklärten Einzelnen gegenseitig Kredit. Und fragen sich, wozu man eigentlich so Dinge wie Banken, Internationale Kreditgeber und ähnliches braucht, wenn die doch gar nicht wissen, wie ich ticke?
  • “Kluger Kopf oder dummer Masse” (DAZ 44)  zusammen mit  “Prediction Markets” (DAZ 74) beschäftigt sich mit dem ungünstig “Wisdom of Crowds” betitelten Phänomen. Denn es ist ja gerade keine Masse, sondern die vernetzte Wirkung von Individuen, die sich so einer Massenmeinung entziehen können. Und es zeigt sich, dass diese vernetzte Intelligenz treffsicherer ist als Hierarchien und Elitenclubs.
  • “Open Source Hardware” (DAZ 55) macht mit dem Glaubenssatz Schluss, diese “Social”-Ideen würden nur für Ideen und Software gelten. Open Source macht sich daran, die Welt dessen was uns umgibt zu übernehmen und die Blueprints der zukünftigen Produkte in Gemeinschaftsarbeit zu erschaffen.
  • “DIY Bio” (DAZ 61) eröffnet dasselbe Feld für die Biologie und sieht das keinesfalls als eine Geringschätzung des Lebendigen, sondern im Gegenteil. Wie der PC “Power to the people” im Vergleich zu Großrechnern war, ist der individuelle Zugang zur Biowissenschaft eine Rückeroberung.
  • “Materialismus” (DAZ 62) spinnt den Gedanken weiter. Wenn wir Hardware nach Bedarf erschaffen können und Wissen immer im Zugriff haben, wofür brauchen wir die ganzen materiellen Güter eigentlich noch? Aber statt dadurch asketisch werden zu wollen, propagiert die Sendung den Reichtum an Möglichkeiten. Wir brauchen nur noch Zugang und nutzen das Potential der ganzen Welt. Jahre später reden auch die klassischen Medien über die Shared Economy, die  beginnt , diese Ideen wahr zu machen.
  • “Wir sind das Studio” (DAZ 63) schildert die veränderten Produktionsbedingungen in der Musik- und Filmindustrie. Da die für das Austoben der Kreativität nötige Technologie heute sehr preiswert zur Verfügung steht, werden wir unabhängig von Sendern und Meinungsmonopolen. Wir können podcasten, youtuben, Nachrichten produzieren, Bücher publizieren, elektronische Musik für die Clubs der Welt mischen. Und sind nur uns selbst verantwortlich.
  • “Cyberdropouts” (DAZ 64) spricht von der geographischen Befreiung. Durch die Vernetzung können wir leben wo wir wollen und gleichzeitig an einer völlig anderen Stelle der Welt arbeiten. Wir müssen nicht mehr in ungeliebte Großstädte oder gehypte In-orte, sondern leben da, wo es uns gut tut und mischen trotzdem an vorderster Front mit. Etwas, was “Landlust” bis heute nicht in letzter Konsequenz kapiert hat.
  • “Kleine Schritte für uns” (DAZ 67) besucht die Part Time Scientists, also das deutsche Team beim Google X-Price, die einen Rover auf den Mond bringen wollen. Was zeigt, dass selbst die großen, menschheitsbewegenden Projekte mittlerweile durch vernetzte Einzelne gestemmt werden können.
  • Ebenso “Citizen Science” (DAZ 78), wo wir anhand des Crowdfunding-Projekts uBiome erfahren, dass auch große Forschungsprojekte durch die digitale Zusammenarbeit der Engagierten aufgesetzt werden können. Was uns unabhängig von Regierungen oder anderen klassischen Geldgebern macht, was dafür sorgt, dass Geld in Dinge fließt, deren Erforschung uns wichtig ist.
Die Zukunft wird von jedem Einzelnen geschaffen und durch die Nutzung der Enabler-Technologien und durch elegante Vernetzung transzendieren wir bisherige Organisationsstrukturen der Menschen, wie Hierarchien oder Expertokratien.
Als eines der aktuellen Projekte entwickele ich bei Abenteuer Zukunft folgerichtig einen Kurs, der Nutzern die Tools und Techniken der Zukunftsforscher, Forecaster, Foresighter, Futuristen, Designer und strategischer Planer an die Hand gibt, um mit angepassten Varianten dieser Methoden das eigene Leben zu entwerfen und dabei zu helfen, eine spannende, vielfältige Zukunft für uns alle zu erschaffen.

Im hundertsten Podcast unterhalten sich Hans-Jürgen Walter – der Begründer des Portals “Das Abenteuer Leben” – und ich über die Hintergründe und weiteren Perspektiven des Podcast. Hören Sie hier mal rein.

Der im Podcast erwähnte CV mit der Story meiner bisherigen Aktivitäten findet sich hier:

 

DAZ 87: Genomic Gastronomy

Essen ist ein Thema, das Menschen im wahrsten Sinne des Worte nahe geht. Schließlich nehmen wir es in uns auf! Deswegen sind viele Diskussionen zum Thema Essen auch sehr schnell sehr emotional und werden mit fast religiösem Eifer geführt. Unser Ansatz, dass man die Zukunft mitbestimmen und miterfinden sollte dürfte also in besonderem Maße für Nahrungsmittel der Zukunft gelten. Wie aber kann man über die Zukunft des Essens sprechen? Gerade wenn dabei nicht die schicken Studien beliebiger Trendpäpste zum Tragen kommen sollen, sondern wir selbst?

Eine provokative und unterhaltsame Art sind die Events von Genomic Gastronomy. Die Künstlergruppe betreibt genau das Äquivalent zu partizipativen Zukunftsmethoden, zu Szenarien oder Simulationen, nur eben sinnlich erfahrbar. SEHR sinnlich teilweise … Kein Wunder, dass ihre Performances zu intensiven emotionalen Reaktionen führen, aber dadurch auch zu sehr grundsätzlichen Diskussionen und dem Infragestellen der eigenen Glaubenssätze.

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Zukunftsforschung, bei der die Teilnehmer “sehr spezifisch” werden, sich “die Hände schmutzig machen” beim Gestalten der Zukunft und manchmal sogar ihr Blut spenden müssen, um zur Erkenntnis zu gelangen. Bei Genomic Gastronomy heißt dann eine Sauce auch einmal Cobalt 60, sie betreiben Disaster Pharming, servieren Glowing Sushi oder veranstalten ein gemeinsames Smog-Tasting.

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In der neuen Folge von Das Abenteuer Zukunft interviewe ich die Köpfe der Gruppe, Zack Denfield und Cat Kramer. Wir reden über die Rolle von Design und Kunst beim Entwurf der Zukunft und was man so erleben kann, wenn es beim Reden über die Zukunft der Nahrung so richtig zur Sache geht …

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Nachdem schon eine der ersten Folgen von Abenteuer Zukunft vor vielen Jahren vom “Grünen Mann”, Molekulargastronomie und Slow Food handelte, jetzt ein etwas anderer Zugang zu Essen und Kochen. Den Podcast gibt es hier zum Download oder abonnieren Sie am besten direkt Abenteuer Zukunft bei iTunes.

(Bilder: Genomic Gastronomy)

Mental Convergence II

Wir können als Menschen nur weiterkommen, indem wir entweder das menschliche Individuum entwickeln oder die Menschen geschickter vernetzen resp. sich vernetzen lassen, schrieb ich im ersten Teil des Blogbeitrags. Seit meinen ersten Experimenten mit Mental Convergence in den 90ern lag mein Schwerpunkt bei Arbeit und Forschung eher im zweiten Bereich, also wie vernetze ich Leute gescheiter und erzeuge dadurch Hebel. E-Learning, Social Business, Web 2.0 waren und sind daher Kern meiner Beratungs- und Medienproduktionstätigkeit.

Aber heute sind wir in Bezug auf viele Dinge deutlich weiter und einiges zeigt mir, dass wir auf der „Mental Convergence“- Roadmap möglicherweise vor einigen Quantensprüngen stehen. Und die werden uns Menschen fundamental verändern.

Was ist also der Stand heute?

Sowohl in Bezug auf Soft- und Hardware stehen uns ganz andere Tools zur Verfügung als mir in den 90ern, gerade die mobilen Medien wie die Smartphones helfen erheblich weiter. Das wird von der Quantified Self – Bewegung intensiv genutzt. Sie erforscht einerseits die nötigen Tools, andererseits erzeugen die Nutzer durch die permanente Feedbackschleife enormes Datenmaterial, teilweise auch allgemein zugänglich. Hatte ich früher alle möglichen unverbundenen Teilgeräte wie den Novadreamer oder das Neurolink und führte auf Papier Buch über meine Erlebnisse bei Biofeedback und luzidem Träumen, sind das heute alles Apps mit Portalen dahinter, die oft auch Daten austauschen. Ich habe von Fitnesscoach bis Schlaflabor alles im Smartphone, stecke noch ein paar kleine Add-Ons dran und schon kann ich alles ausprobieren, messen und vor allem die Zusammenhänge betrachten.

Eine meiner Ansätze bei der Mental Convergence war ja, mentale Techniken und die damit erreichten mentalen Zustände wie aus Yoga, Meditation, NLP, Hypnose oder luziden Träumen z.B. durch EEG-Geräte messbar zu machen und in den Computer einzuspeisen, um sie dann durch z.B. Computerspiele besser zu trainieren und zu intensivieren.

Solche Hardware, um auf ihrer Basis spannende Anwendungen zu programmieren gibt es heute zahlreich: MindWave/MindSet von NeuroSky , Iom von Wild Devine , Mattel Mindflex , den Emotiv EPOC  oder das ganze sogar als Open Source Projekt Open EEG.

Vom Team des  EPOC kommt als nächste Stufe der Emotiv Insight, bei dessen Kickstarter-Kampagne ich natürlich Backer wurde. In ihren Worten: “A sleek, multi-channel, wireless headset that monitors your brain activity and translates them into meaningful data you can understand.”

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In den Updates zum Projekt werden zahlreiche Anwendungen beschrieben, die typisch Mental Convergence sind: Musik mit Gedanken erzeugen, Fitnesszustände überprüfen und optimieren, Geräte durch Blick oder Gedanken steuern, Wahrnehmungsstudien, in Echtzeit herausfinden, welcher Kontext für was die beste Performance ergibt.

Hier wird auch mein im Submodalizer angetestetes Szenario weiterentwickelt: Eine Lernumgebung, die sich daran anpasst, wie ich persönlich am besten lerne. Der Insight wird bei einer Anwendung ein Computerspiel so steuern, dass es anders agiert wenn der Spieler entspannt ist, als wenn er gestresst ist.

Das sind erste Schritte zu einem Computerspiel, das mir die für meine Lernfortschritte ideale Lernwelt präsentiert, full immersive! Gerade weil Technologien wie der Oculus Rift  oder Google Glas den Traum ans „Einsteigen“ in den Cyberspace wieder neu beleben. Und seit neustem gibt es auch eine NeuroGaming Konferenz  frei nach dem Motto: “Die Zukunft des Gaming? Möglicherweise bei dir im Kopf“.

Der Kick bei Mental Convergence Anwendungen ist immer wieder die technikgestützte Feedbackschleife. Ich schaue was passiert im Gehirn und wie kann ich es beeinflussen? Was bewirkt das dann bei mir? Fühle ich mich besser, wacher, leistungsfähiger? Wie sieht das Feedback aus, wenn ich mich noch besser fühle? Und dann trainiere ich mich darauf, mit Hilfe des Feedbacks die Zustände direkt mental zu steuern.

Auch bei den luziden Träumen als mental erreichbarer „Full Immersion Erlebnis- und Lernwelt“ hat sich eine Menge getan, nicht nur an Communities, die Best Practices austauschen, sondern auch technologisch. Aus der Quantified Self Bewegung kommen zahlreiche Tools wie der Pulse oder Beddit  zum Ausmessen der Schlafphasen.  Und raffinierte Software wie die von Lucidcode  (in Verbindung mit eben schon erwähnten Geräten wie dem EPOC) finden heraus, ob man träumt und starten dann Programme nach Wahl. Ganz schräge Abenteurer in dem Bereich können so technologiegestützt schon jetzt im Traum über das Internet anderen signalisieren, dass sie träumen … Auch in deren Traum.

Alle diese Anwendungen sind ein enorm ergiebiges Experimentierfeld. Allerdings wird das Gehirn da als eine Art Blackbox betrachtet und wir müssen bewusst über das Feedback lernen, wie wir mental Einfluss nehmen. Parallel forscht die Neurologie aber weiter, und in Projekten wie dem Blue Brain Projekt lernen wir schrittweise die tatsächliche Verschaltung unserer Neuronen. Mit dem Potential, diese Neuronen auch direkt mit neuen Wegen zu verbinden.

Aber vor allem auch die Mustererkennung in der Gehirnforschung entwickelt sich weiter, was dann in der Presse trivial als „Gedankenlesen“ bezeichnet wird. Ansatzweise können wir z.B. bei Ratten messen, was sie gerade denken. Und träumen. Nicht ob, sondern was. Wir könnten in einigen Jahren unsere Träume erkennen und lesen und damit nicht mehr so indirekt arbeiten. Kein Traumtagebuch mehr und den mühsamen Versuch, sich an seine Träume zu erinnern. Nein, einfach aufzeichnen wie das Fernsehprogramm mit einem Festplattenrecorder.

Und wenn wir wieder die Feedbackschleife einbauen, könnten wir doch noch in den nächsten Jahrzehnten die luziden Träume auf Knopfdruck bekommen, die ich in einem meiner Romane schon einmal vorweggenommen habe. Und ich bekomme meinen ultimativen Lern- und Abenteuerspielplatz!

mchorost-2l-leftcolumn-worldDie Steigerung ist dann, worüber Michael Chorost in seinem faszinierenden Buch „World Wide Mind – The Coming Integration of Humanity, Machines and the Internet“ schreibt. Unsere Gedanken nicht nur über Sprache zu verbinden, sondern direkt. Ein Internet das Gehirne verbindet. Und Verbundenheit schafft. Und kombinieren wir diesen Ansatz noch mit dem Internet der Dinge! So bekommen Konzepte wie „sich in jemanden hineinversetzen“ oder „sich mit der Welt verbunden fühlen“ einen ganz neuen Stellenwert. Chorost beschreibt in dem Buch auch eine Sicht auf die evolutionäre Rolle des menschlichen Geistes, die mich seitdem nicht mehr loslässt und die Motivation für die nächste Stufe der Mental Convergence Forschung ist:

„Leute die in den Nachthimmel voller Sterne schauen und sagen ‚Ich fühle mich plötzlich so klein‘ sehen das völlig falsch. Klar sind sie physisch kleiner als eine Galaxie. Aber sie haben dieselbe Anzahl an Neuronen wie die Galaxie Sterne: 100 Milliarden … Aber was können Sterne schon? Ein wenig mit Gravitation aneinander ziehen und wenn sie sich nahe kommen ein wenig Wärme austauschen. Was in unseren Köpfen passiert ist um viele Größenordnungen komplexer, als alles was man am Himmel sieht …  Galaxien sind alt, Gehirne mit Bewusstsein die Sprache benutzen und Werkzeuge bauen sind neu.“ (Michael Chorost, World Wide Mind, Übersetzung meine).

Wir sind die Zukunft  🙂

Mental Convergence I

In den 90ern entwickelte ich eine Konzeption, einen „Fahrplan“, wie sich Technologie und die Fähigkeiten des Gehirns zusammen weiterentwickeln können. Auch heute noch gehe ich davon aus, dass diese Themen immer stärker konvergieren werden, daher auch der damals geprägte Name für meinen Fahrplan: Mental Convergence. Da sich einiges auf dem Weg getan hat, diesmal eine kleine Rückschau, mit dem weiteren Fahrplan in die Zukunft im nächsten Blogbeitrag.

Bisher wurde in der Kulturgeschichte des Menschen die Erweiterung seines Geistes durch Ansätze wie Meditation – neumodischer Mentaltraining – betrieben. Schon damit sind ja erstaunliche Dinge möglich, die uns weit vom Alltagsbewusstsein entfernen und neue Erkenntnisse und Abenteuer ermöglichen. Die Kernfrage der Mental Convergence war jetzt, wie man den menschlichen Geist durch Einsatz von Technologie erweitern kann, ggf. irgendwann durch Verschmelzung mit Technologie.

Denn wir wissen ja, man kann als Menschen nur weiterkommen, indem man entweder das menschliche Individuum entwickelt oder die Menschen geschickter vernetzt resp. sich vernetzen lässt. Oder beides. Mental Convergence handelt jetzt eben von der ersten Möglichkeit, vom menschlichen Geist und davon, was ein Mix aus Gehirnforschung, Erkenntnissen über den menschlichen Geist und die Digitalisierung so alles bewirken kann.

Mein erstes Interesse galt dem Lernen. Und nicht nur dem Lernen im Sinne von Zahlen, Daten, Fakten, sondern auch dem, was wir zur Persönlichkeitsentwicklung zählen würden, was in einem Coaching stattfindet. Im Film „The Game“, in dem der von Michael Douglas gespielten Hauptfigur die Teilnahme an einem Spiel geschenkt wird das ihr Leben verändert, wurde mir das Ideal für solches Lernen gezeigt. Das Spiel im Film ist „echt“ in dem Sinne, dass der Teilnehmer mit vollem Erleben in es einsteigt und es deshalb auch tiefgreifenden Wandel bei ihm bewirkt. Und das Spiel ist maßgeschneidert auf seine Persönlichkeit, seine Wahrnehmung und sein tiefliegendes Kernproblem.

„Full immersion“ und auf das Individuum abgestimmt sollte also ein vernünftiges Mental Convergence System zum abenteuerlichen Lernen sein. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meine Ausbildungen in NLP, Hypnose und Design Human Engineering schon weitgehend abgeschlossen. Das gab mir „Material“ für meine Reise. Im NLP lernt man z.B. dass die Art wie Menschen in ihrem Kopf bestimmte Wahrnehmungen, Gedanken, Ideen darstellen einzigartig für jede Person ist. Es macht einen Unterschied, ob ich bestimmte Ideen als Bilder sehe, oder sie in einem inneren Dialog „höre“. Und um besondere Wirkung zu erzielen müssen z.B. diese Bilder auf eine bestimmte Weise dargeboten werden, was man im NLP „Submodalitäten“ nennt. D.h. werden mir Lerninhalte auf diese Weise maßgeschneidert für meinen Geist präsentiert, bleibt davon eher etwas hängen, als wenn es eine „Standard-Show“ ist.

Das wollte ich – zumindest rudimentär – in Technologie abbilden. In den experimentierfreudigen und zukunftsgierigen 90ern habe ich da mit den aufkommenden 3D-Welten schräge Sachen ausprobiert. Ein Klassiker war mein VRML-Submodalizer von 1997, eine webbasierte 3D-Anwendung, die beim Mentaltraining helfen sollte. Die Anwendung basierte auf der Programmiersprache VRML und verwendete den gerade entwickelten 3D-Sound und MPEG-Video. Der Benutzer konnte direkt einstellen, wie groß das zentrale Bild ist, in welcher Entfernung es erscheint und aus welcher Richtung es kommt. Ebenso konnte er einstellen, aus welcher Richtung und in welcher Lautstärke die “hypnotische Stimme” in seinem Kopfhörer kommt. Auch die Farbe des Hintergrunds war individuell steuerbar. So konnte jeder Benutzer die Darstellung so einstellen, wie er selber es sich “vor seinem geistigen Auge” vorstellen würde. Und genau dieser Vorstellung wird er wohl auch bevorzugt Glauben schenken!

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Wir erinnern uns: das war weit vor dem multimedialen Internet und ein Zeitalter vor den Smartphones. So etwas heute als App mit 3D-Brille zu programmieren wäre natürlich ein Witz. Erstaunlicherweise tut es keiner. Der Zeitgeist ist in Bezug auf solche Dinge völlig unexperimentell.  Es werden lieber Apps programmiert, die gnadenlose Unterwerfung unter irgendeinen Diätpapst protokollieren (von den lobenswerten Ausnahmen mehr im zweiten Teil).

Mein Weg zur Verknüpfung von Geist und Technologie ging damals weiter zu Computerspielen mit Biofeedback, bei denen man die Computersteuerung durch Körpermeßwerte kontrollierte oder bei denen das eigene Empfinden Auswirkungen auf den Spielverlauf hatte (ja, sowas gab es vor rund 20 Jahren auch schon!). Auch so etwas konnte ja in Zukunft zum computerunterstützten Lernen eingesetzt werden.

Die Experimente von damals führten mich zum Lernen mit Spielen, auch in Onlinegames und dazu, dass ich seitdem auf einer alltäglicheren, pragmatischeren Ebene auch im E-Learning-Bereich tätig bin. Die futuristische Agenda dahinter habe ich aber nie vergessen.

Zur gleichen Zeit wie der „VRML-Submodalizer“ beschäftigte ich mich intensiv mit einem anderen „abgefahrenen“ Gebiet, dem luziden Träumen, also der Möglichkeit sich während des Traumes bewusst zu werden, dass man träumt, aber im Traum zu verbleiben. Neben dem Spaß, den man in solchen Träumen erleben kann, ist der Nutzen für mein Thema offensichtlich. Was für eine bessere Game-Machine gibt es bisher als unser Gehirn, wo bekommen wir mehr „Full immersion“ mit allen Sinnen als in unseren Träumen? Das für Lernzwecke oder zur Persönlichkeitsentwicklung zu nutzen solange unsere 3D-Technik noch nicht weit genug ist, erscheint doch nahe liegend, oder? Pioniere wie Paul Tholey versuchten sich dementsprechend auch z.B. am Sporttraining in luziden Träumen.

Ich ging auf dem Mental Convergence Weg das Thema Luzidität neben dem Mentaltraining technologisch an. Tools wie den NovaDreamer oder den DreamSpeaker etc. probierte ich alle aus, als sie auf den Markt kamen, unterstützt durch eigens produzierte Hypnosetapes.

Was mir damals schon auffiel und was prima in mein Konzept passte, war die Ähnlichkeit der Wahrnehmung in Traumwelten und in virtuellen Welten. Oneironauten (so werden die luziden Träumer genannt) müssen z.B. lernen, wie sie ihre Aufmerksamkeit steuern, damit sie im Traum bleiben. Sie müssen erkennen was genau bewirkt, dass man „da“ ist. Experimente am HitLab der University of Washington zur Wahrnehmung in virtuellen Welten zeigten spannenderweise genau dieselben Kriterien, die im Cyberspace dazu führten, dass die Menschen die Illusion als real empfanden und aus ihrer Sicht „da“ waren. Konnte man also unsere mentalen Landschaften und die virtuellen Landschaften irgendwann verschmelzen, um unseren Geist weiterzuentwickeln?

Weiter geht’s mit Mental Convergence im nächsten Blogbeitrag!

Wieso eigentlich Innovation?

Einige Leser fragen sich vielleicht nach all diesen Stories: Wieso redet der Magnus eigentlich die ganze Zeit von Innovation und Kreativität? Und dann auch noch mit Stories von alten Kanonen und ähnlich antiquiertem Kram? „Abenteuer Zukunft“ handelt doch von der Zukunft, von Dingen wie Nanotechnologie und der Eroberung des Weltalls? Wieso schreibt er nicht über die Zukunft und über Tools der Zukunftsforschung?

Dazu heute zum Luftholen zwischen den Innovationsthemen als vorweggenommene Einwandbehandlung einige Antworten. Also einerseits ist Kreativität DAS Zukunftstool, wenn man wie ich der Ansicht ist, dass es die Aufgabe der Zukunftsforscher ist, die Zukunft zu erfinden und wünschenswerte Zukünfte zu ermöglichen. Daher hält man sich nicht mit gewitzten Extrapolationsmethoden auf oder propagiert, dass man in einer Glaskugel die Trendfarben des nächsten Jahrs gefunden hat. Gibt man den übermäßigen Glauben an Voraussagbarkeit auf, sind es statt dessen eben Fragen wie die Veränderung der Spielregeln und Methoden, „um die Ecke denken“ zu können, die in den Fokus rücken.

Aber ich will den Zusammenhang zwischen Innovationstechniken und Zukunftsforschung noch etwas klarer darstellen und verwende dazu mein Standardbezugsmodell, das einige sicherlich schon kennen:

innozu01Die Ressourcen unserer Vergangenheit werden gebündelt, und mögliche Zukünfte im Kegel der Möglichkeiten bestimmt, um dann die ersten Schritte auf dem Weg dahin zu klären. Auf diesem Modell bauen viele meiner Workshop-, Studien- und Coachingansätze auf. Wo in diesem Modell hilft jetzt Innovation?

Es beginnt damit, die eigenen mentalen Landkarten zu erweitern. Das setzt in der Arbeit an drei Stellen an:

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Denn beim Möglichkeitenkegel war es schon immer eine Herausforderungen die Grenzen zu bestimmen, was also innerhalb des Kegels liegt. Und da halten wir uns an Arthur C. Clarke, der meinte dass man die Grenzen nur herausfindet, indem man sie immer wieder einmal überschreitet. In Projekten und im Coaching findet diese Grenzüberschreitung erst einmal mental statt. Und dabei helfen Kreativitätstechniken.

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Im nächsten Schritt benötigen wir den radikalen Geist der Kreativität bei der Aufgabe, wünschenswerte Zukunftsszenarios aufzubauen, und sie in Stories zu packen, mit denen wir sie anderen Menschen vermitteln können.

Und auch im hier und jetzt, beim Startpunkt des Zukunftskegels, hilft Innovation und Kreativität. Da liegt der Schwerpunkt darauf zu erkennen, nach welchen Spielregeln die Welt in der man aktuell lebt tickt und was passiert, wenn man an diversen Rädchen ein wenig dreht. Was bewirkt wie viel? Bei dieser Arbeit hilft die Aufmerksamkeit für Spielregeln und die Fähigkeit, auch die verborgenen Spielregeln zu erkennen. Dieses Erkennen wirkt auch zurück in die Vergangenheit. Sehe ich bestimmte Muster, nach denen ich in der Vergangenheit agiert habe, werden mir die Zusammenhänge bewusst, kann es zu einem Neuinterpretieren der Vergangenheit kommen und dadurch zu einer deutlich besseren Nutzung an Ressourcen (den „Diamanten der Vergangenheit“), die der bisherige Verlauf der Dinge bietet.

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Bin ich mir über den Startpunkt im Klaren und habe ich wünschenswerte Zukünfte gefunden, stellt sich die praktische Frage „Wie komme ich da hin?“. Wie können wir eine der gewünschten Zukünfte möglich machen? Leicht vorzustellen, dass Kreativität dabei hilft, ungewöhnliche Wege, vielleicht sogar Abkürzungen zu finden. Nicht, dass man auf ausgetrampelten Pfaden landet, die einen aber vom eigentlichen Weg in die Zukunft abbringen, den man erst selbst pflastern muss …

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Damit aber noch nicht genug bei der Nutzung von Innovation und Kreativität in der Zukunftsforschung. Denn ein sehr kreativitätslastiger Teil der Zukunftsarbeit ist, sich sehr unwahrscheinliche, aber einflussreiche Events einfallen zu lassen, die sogenannten Wildcards.

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Obwohl diese ein gehöriges Bedrohungspotential aufweisen, zeigt sich in Seminaren, dass Brainstormings zum Aufspüren von Wildcards zu den unterhaltsamsten Aspekten gehören.

Auf den Ergebnissen von Zukunftsworkshops setzen dann oft Früherkennungssysteme auf, die zeigen, ob Events auftreten, die meine Wege in die Zukunft bestätigen, oder eine Warnung darstellen, dass sich die Dinge anders entwickeln.

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Ein wesentlicher Teil dieser Systeme sind die „Weak Signals“, eigentlich selbst Events, die aber eine Art Vorhut für die wirklichen Entwicklungen etwas später sind. Wie der Name schon sagt, sind sie in der Regel nur schwach wahrzunehmen, oft Ereignisse am Rande und nicht in den Schlagzeilen. Noch schlimmer: oft kommen sie aus ganz anderen Themen oder Gebieten als das, was ich eigentlich erfahren will. Und sich das zu überlegen, erfordert eine ganze Menge innovativen Geist: „Welches wie auch immer schräges Ereignis kann mir mit gehörigem Vorlauf etwas darüber sagen, ob ich auf dem Weg in die gewünschte Zukunft auf Kurs bin?“

Sie sehen sicherlich, dass die Zukunftsarbeit an vielen Stellen methodisch von Innovations- und Kreativitätsansätzen durchdrungen ist und dass das gar nicht so viel mit Innovationen in der Produktentwicklung zu tun hat, auf die man sonst vielleicht zuerst käme. Es dreht sich eher darum, die Arbeit mit der Zukunft auf eine innovative Weise zu betreiben und daher muss ich einiges darüber wissen, was die Toolbox der Kreativität so beinhaltet.

Daher werden Sie auch bei „Das Abenteuer Zukunft“ weiterhin eine Menge darüber erfahren.

Die Nadel die alles veränderte

Heute eine weitere Story über Spielregeln und wie sie sich umfassend ändern können. Diesmal aus der Welt der Musik.

Zu den Hoch-Zeiten der Big Band Ära (also in den 30er und 40er Jahren) wurden die Bands immer größer. Da wusste ein Veranstalter kaum mehr, wie viele Stühle für weitere Saxophonisten, Trompeter und andere er noch auf die Bühne stellen musste. Ebenso auch die Musik selbst: Die übereinandergetürmten Harmonien wurden immer komplexer und umfangreicher. Hört man sich z.B. die Arrangements von Stan Kenton an, sind die weit entfernt von den Anfängen in kleinen Jazz-Combos. Mit diesem wachsenden Bombast beschäftigte eine solche XXL-Big Band natürlich eine Menge Musiker.

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Aber plötzlich, in den 50ern, veränderte sich das Bild radikal. Die Gruppen der führenden populären Musik-Stars verwandeln sich in etwas deutlich Kompakteres. Stellen Sie sich einfach die Beatles der 60er vor und stellen Sie diese gedanklich neben die Dekadenz-Big Bands der Glanzzeiten. Klar: der Musikerbedarf war erschreckend gesunken …

Wieso der radikale Schwenk?

Es war nicht etwa der Musikgeschmack, sondern eine Spätfolge davon, dass ein Herr namens Les Paul die Nadel eines Schallplattenspielers an seine Stahlsaitengitarre gehalten hatte. Diese kleine Handlung änderte eine der Kernspielregeln der Bühnenperformance. Denn Big Bands waren vor allem deshalb groß, damit sie laut waren und sich damit in den riesigen Tanzsälen der30er gegen den Lärm durchsetzen konnten. Les Pauls Erfindungen eröffneten das Zeitalter von E-Gitarren und Verstärkerwänden und damit brauchten aufstrebende Musiker nicht mehr das „Produktionsmittel“ der Bombastband. Wenige Gitarren reichten jetzt für ein Stadion. Leute, die am Erfolgsrezept des „Groß ist geil“ festhielten, weil das ihrer Ansicht nach die Spielregel war, spielten ab dann für den populären Erfolg im falschen Spiel.

Die Kraft alter Regeln

Man erzählt sich die Geschichte von einem Coach bei der Marine. Der wunderte sich, dass die Kanoniere auf einem der modernen Kriegsschiffe immer bevor sie ein Geschütz abfeuerten einen Schritt zurück traten. Einen richtig deutlichen Schritt. Erst dann gingen Sie wieder an das Geschütz und schossen.

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Nachdem er das einige Tage beobachtet hatte, sprach der Coach die Kanoniere an und fragte, wieso sie diesen offenkundig überflüssigen Zusatzschritt ausführten. „Das steht so in den Vorschriften“ war die Antwort. Worauf sich der Coach in die dokumentierten Vorschriften einlas und feststellte: Es stimmte! In den Vorschriften wurde das Bedienpersonal von Geschützen verpflichtet, zuerst einen Schritt zurückzutreten um dann wieder zum eigentlichen Abschuss vorzutreten.

Wieso stand so ein Unsinn in den Vorschriften? Genug Motivation für den Coach, sich tiefer einzugraben. Und tief in der Historie dieser Vorschriften versteckt, fand er den Grund, mehr als ein Jahrhundert in der Vergangenheit. Die Vorschrift stammte aus einer Zeit, in der Kanonen von Pferden gezogen wurden. Und daher musste der Kanonier einen Schritt zurücktreten, um das Pferd zu halten, bevor er die Kanone zündete …

Und so wirkt eine praktische Regel aus alter Zeit noch heute, obwohl die Pferde längst verschwunden sind und mit ihnen der komplette Kontext für die Regel. Aber das war schon lange vergessen und deshalb hinterfragte niemand diese Praxisregel.

Auch im nächsten Blogbeiträge wird es um versteckte Spielregeln gehen.

 

Picture Source: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tsar_Cannon_mouth.jpg

Die Welt als Spiel

Bei der Beschäftigungen mit vielen Bereichen der Innovation und Zukunftsforschung habe ich festgestellt, dass es eine hervorragende gedankliche Basis ist, sich die Welt als ein Spiel vorzustellen. Oder als viele Spiele. Und zwar Spiele, die ihre Spielregeln gelegentlich ändern. Entweder „von selbst“ (das nennt sich dann Evolution), oder durch Erfinder neuer Spielregeln (solche Leute nenne ich „Change Maker“).

Egal ob in Unternehmen, in Gesellschaften oder im eigenen Kopf: Wir richten uns nach bestimmten Spielregeln die unserer Möglichkeiten und Grenzen mitbestimmen und spielen nicht immer dasselbe Spiel. Es gibt nicht nur Fußball, sondern bestimmte Ereignisse bewirken, dass neue Spiele möglich sind.

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Diese „Spielregeln“ verstecken sich hinter vielen Begriffen. „Glaubenssätze“, „Vorannahmen“, „praktische Erfahrung“, „Theorie“, „Kochrezepte“ sind alles Wörter für Spielregeln, sei es in Branchen, im Arbeitsalltag oder bei der Lebensführung. Im Extremfall dann noch Begriffe wie „Naturgesetze“. Wenn Sie einmal eine Weile darüber nachdenken, werden Sie sicherlich bei vielem was Sie umgibt oder mit was Sie sich beschäftigen feststellen können, dass es auf Spielregeln beruht, es nicht so sein müsste, wie es ist.

Aus dieser Logik heraus suche ich eben in meiner Arbeit nicht Forecaster oder Trendforscher (die bleiben meistens innerhalb des aktuellen Spiels), ich will Menschen, Unternehmen und Regionen, die Spielregeln prägen, bessere Reflexe haben, mehr Menschen einbinden, schneller vernetzen. Kaum ein Wunder, dass mich die digitale Revolution interessiert, denn sie ist ein wesentlicher Treiber für veränderte Spielregeln. Echte Innovation und wirkliche Zukunftsorientierung hat für mich etwas damit zu tun, die Spielregeln zu ändern.

Robert Dilts sagt, dass vieles von dem was uns umgibt, früher einmal nur eine Idee, ein Traum, eine Vorstellung im Kopf einer Person war. Das ist natürlich eine schöne Vorstellung, aber darin ist auch eine kleine Schwierigkeit versteckt. Denn: Das Schlimmste ist, wenn wir vergessen haben, dass wir die Spielregeln einmal gefunden oder erfunden haben. Und sie uns aber immer noch prägen. Denn dann können wir sie nicht ändern. Wir wissen ja gar nicht, dass sie da sind!

John Maynard Keynes schrieb darüber, dass gerade „Praktiker“ oft Sklaven schon lange verschimmelter Denker sind, die Spielregeln erfunden haben, nach denen sich die Praktiker richten. Ohne sich dessen bewusst zu sein. Er schrieb das über die Ökonomie, aber das Bild passt auf Vieles. Gerade diese „unbewussten“ Spielregeln sind in der Regel die wirksamsten. Wir handeln ihnen gemäß, ohne das auch nur einen Hauch in Frage zu stellen.

Das Gefährlichste sind Erfolge. Denn sind wir mit einer Methode, einem Ansatz lang genug erfolgreich, glauben wir, das sei „für immer“. Wir glauben also nicht, dass es die gerade angemessene Spielregel ist, sondern dass es „das Richtige“ ist. Nach einer Weile Erfolge glauben wir, das sei „Realität“, das sei so etwas wie ein Naturgesetz und vergessen, dass wir diese Realität selbst erfunden haben. Realität ist nicht fix, sie ist eine Option.

Wenn wir wissen, wo bestimmte Spielregeln herkommen und auf welchen Grundannahmen sie beruhten, können wir sie auch tiefgreifender ändern, wenn dies nötig erscheint.

Um diese etwas allgemeinen, „philosophischen“ Ansätze mit Leben zu füllen, lesen Sie in den nächsten Beiträgen einige typische Geschichten über vergessene Spielregeln und wie sie trotz des Vergessens Innovation behinderten.

Sollen wir mal über Reproduktives Klonen reden?

So, nun ist das „erste Mal ein Mensch geklont worden“ (wobei das – ohne die wissenschaftliche Leistung schmälern zu wollen – schon etwas übertrieben ist. Ich verwechsle auch nicht meinen Nachbarn mit seinen Hautschuppen) und die ZEIT titelt schon „Frankensteins Traum wird wahr“ (und wobei das mit dem Frankenstein mit diesem Thema eigentlich relativ wenig zu tun hat).

Und plötzlich flammt die Debatte wieder auf, was das alles in der Zukunft so bedeuten könnte. Diese Debatte gab es schon einmal vor einigen Jahren, getragen von den klassischen Medien, die überwiegend uninspirierten Unsinn schrieben oder sendeten. Da ich mich damals schon fleißig darüber geärgert habe, setzte ich mich hin und recherchierte die wissenschaftlichen , gesellschaftlichen und auch religiösen Ideen zum Kern der Diskussion, dem reproduktiven Klonen.

Die angesammelten Ideen in zusätzliche Artikel und Podcasts zu packen erschien mir zu langweilig, und so schrieb ich auf der Basis einen Roman. „Die einzig Wahre“ handelt von einem Projekt von Medienbossen, die antike Kleopatra zu klonen, um einen kultigen Filmstar vorweisen zu können. Und spielt in guter Science Fiction Manier fort, was sich im Detail dann daraus entwickelt. In diesem Roman werden die verschiedenen Konzepte und Einstellungen durch die Hauptfiguren verkörpert oder erklärt.

DieEinzigWahre_CoverMein Schluss war, dass es eigentlich im Ergebnis ziemlich banal ist (das Klonen, nicht der Roman 🙂  ) und wir uns besser über irgendetwas Sinnvolleres aufregen sollten. Aber anscheinend ist (siehe ZEIT) darüber noch nicht genug gesprochen worden.

Da die von den Figuren in „Die einzig Wahre“ geführten Diskussionen aus meiner Sicht die Positionen zum Thema nach wie vor ziemlich vollständig abbilden, empfehle ich den Roman hier zur Lektüre als Alternative zur Sensationspresse und hoffe, dass viele das per Retweet, Liken etc. auch tun.