DAZ 89 Neurodreaming

Als der Podcast “Das Abenteuer Zukunft” auf Sendung ging, war eine der ersten Sendungen eine über die Möglichkeiten, die das Träumen, insbesondere das luzide Träumen für die Zukunft in sich trägt. In Folge 10 schilderte ich unser Gehirn als die bisher höchstentwickelte Simulationsmaschine. Es beweist uns das jede Nacht in den Träumen. Mit allen Sinnen, full-immersive, in wilde Szenerien und schräge Abenteuer eintauchen, da kommt keine Gaming Console mit, selbst keine mit Occulus Rift. Perfekt, wenn man dann noch luzide träumen kann, also im Traum merkt, dass man träumt, bewusst im Traum wird und bewusst in der Traumwelt agiert und damit Game-Designer und Traum-Regisseur werden kann. Neben dem Spaß, den man in solchen Träumen erleben kann, ist der Nutzen offensichtlich.

Seit der Sendung im Jahr 2006 ist vieles passiert, und vom aktuellen Stand handelt der neuste Podcast. Wir schauen auf drei Themenfelder zur Zukunft des luziden Träumens und der Mental Convergence, der Verschmelzung von Traumwelt und virtueller Welt:

  • Wie können wir selbst mit Hilfe der heutigen Tools besser luzide träumen und andere Neurogaming-Sachen erleben?
  • Können wir in absehbarer Zeit Träume von anderen ich sag mal lesen und vielleicht sogar die Record-Taste drücken, sie also … aufnehmen?
  • Und zuletzt – eigentlich als logische Konsequenz … können wir in Zukunft Traummovies produzieren und in andere Personen überspielen?

Den Podcast gibt es hier zum Download oder abonnieren Sie am besten direkt Abenteuer Zukunft bei iTunes.

Zu den im Podcast erwähnten Materialien:

Produkt-Information

Die sonstigen Tipps zu Tools sind in meinen Mental Convergence Beiträgen.

Mental Convergence II

Wir können als Menschen nur weiterkommen, indem wir entweder das menschliche Individuum entwickeln oder die Menschen geschickter vernetzen resp. sich vernetzen lassen, schrieb ich im ersten Teil des Blogbeitrags. Seit meinen ersten Experimenten mit Mental Convergence in den 90ern lag mein Schwerpunkt bei Arbeit und Forschung eher im zweiten Bereich, also wie vernetze ich Leute gescheiter und erzeuge dadurch Hebel. E-Learning, Social Business, Web 2.0 waren und sind daher Kern meiner Beratungs- und Medienproduktionstätigkeit.

Aber heute sind wir in Bezug auf viele Dinge deutlich weiter und einiges zeigt mir, dass wir auf der „Mental Convergence“- Roadmap möglicherweise vor einigen Quantensprüngen stehen. Und die werden uns Menschen fundamental verändern.

Was ist also der Stand heute?

Sowohl in Bezug auf Soft- und Hardware stehen uns ganz andere Tools zur Verfügung als mir in den 90ern, gerade die mobilen Medien wie die Smartphones helfen erheblich weiter. Das wird von der Quantified Self – Bewegung intensiv genutzt. Sie erforscht einerseits die nötigen Tools, andererseits erzeugen die Nutzer durch die permanente Feedbackschleife enormes Datenmaterial, teilweise auch allgemein zugänglich. Hatte ich früher alle möglichen unverbundenen Teilgeräte wie den Novadreamer oder das Neurolink und führte auf Papier Buch über meine Erlebnisse bei Biofeedback und luzidem Träumen, sind das heute alles Apps mit Portalen dahinter, die oft auch Daten austauschen. Ich habe von Fitnesscoach bis Schlaflabor alles im Smartphone, stecke noch ein paar kleine Add-Ons dran und schon kann ich alles ausprobieren, messen und vor allem die Zusammenhänge betrachten.

Eine meiner Ansätze bei der Mental Convergence war ja, mentale Techniken und die damit erreichten mentalen Zustände wie aus Yoga, Meditation, NLP, Hypnose oder luziden Träumen z.B. durch EEG-Geräte messbar zu machen und in den Computer einzuspeisen, um sie dann durch z.B. Computerspiele besser zu trainieren und zu intensivieren.

Solche Hardware, um auf ihrer Basis spannende Anwendungen zu programmieren gibt es heute zahlreich: MindWave/MindSet von NeuroSky , Iom von Wild Devine , Mattel Mindflex , den Emotiv EPOC  oder das ganze sogar als Open Source Projekt Open EEG.

Vom Team des  EPOC kommt als nächste Stufe der Emotiv Insight, bei dessen Kickstarter-Kampagne ich natürlich Backer wurde. In ihren Worten: “A sleek, multi-channel, wireless headset that monitors your brain activity and translates them into meaningful data you can understand.”

Insight

In den Updates zum Projekt werden zahlreiche Anwendungen beschrieben, die typisch Mental Convergence sind: Musik mit Gedanken erzeugen, Fitnesszustände überprüfen und optimieren, Geräte durch Blick oder Gedanken steuern, Wahrnehmungsstudien, in Echtzeit herausfinden, welcher Kontext für was die beste Performance ergibt.

Hier wird auch mein im Submodalizer angetestetes Szenario weiterentwickelt: Eine Lernumgebung, die sich daran anpasst, wie ich persönlich am besten lerne. Der Insight wird bei einer Anwendung ein Computerspiel so steuern, dass es anders agiert wenn der Spieler entspannt ist, als wenn er gestresst ist.

Das sind erste Schritte zu einem Computerspiel, das mir die für meine Lernfortschritte ideale Lernwelt präsentiert, full immersive! Gerade weil Technologien wie der Oculus Rift  oder Google Glas den Traum ans „Einsteigen“ in den Cyberspace wieder neu beleben. Und seit neustem gibt es auch eine NeuroGaming Konferenz  frei nach dem Motto: “Die Zukunft des Gaming? Möglicherweise bei dir im Kopf“.

Der Kick bei Mental Convergence Anwendungen ist immer wieder die technikgestützte Feedbackschleife. Ich schaue was passiert im Gehirn und wie kann ich es beeinflussen? Was bewirkt das dann bei mir? Fühle ich mich besser, wacher, leistungsfähiger? Wie sieht das Feedback aus, wenn ich mich noch besser fühle? Und dann trainiere ich mich darauf, mit Hilfe des Feedbacks die Zustände direkt mental zu steuern.

Auch bei den luziden Träumen als mental erreichbarer „Full Immersion Erlebnis- und Lernwelt“ hat sich eine Menge getan, nicht nur an Communities, die Best Practices austauschen, sondern auch technologisch. Aus der Quantified Self Bewegung kommen zahlreiche Tools wie der Pulse oder Beddit  zum Ausmessen der Schlafphasen.  Und raffinierte Software wie die von Lucidcode  (in Verbindung mit eben schon erwähnten Geräten wie dem EPOC) finden heraus, ob man träumt und starten dann Programme nach Wahl. Ganz schräge Abenteurer in dem Bereich können so technologiegestützt schon jetzt im Traum über das Internet anderen signalisieren, dass sie träumen … Auch in deren Traum.

Alle diese Anwendungen sind ein enorm ergiebiges Experimentierfeld. Allerdings wird das Gehirn da als eine Art Blackbox betrachtet und wir müssen bewusst über das Feedback lernen, wie wir mental Einfluss nehmen. Parallel forscht die Neurologie aber weiter, und in Projekten wie dem Blue Brain Projekt lernen wir schrittweise die tatsächliche Verschaltung unserer Neuronen. Mit dem Potential, diese Neuronen auch direkt mit neuen Wegen zu verbinden.

Aber vor allem auch die Mustererkennung in der Gehirnforschung entwickelt sich weiter, was dann in der Presse trivial als „Gedankenlesen“ bezeichnet wird. Ansatzweise können wir z.B. bei Ratten messen, was sie gerade denken. Und träumen. Nicht ob, sondern was. Wir könnten in einigen Jahren unsere Träume erkennen und lesen und damit nicht mehr so indirekt arbeiten. Kein Traumtagebuch mehr und den mühsamen Versuch, sich an seine Träume zu erinnern. Nein, einfach aufzeichnen wie das Fernsehprogramm mit einem Festplattenrecorder.

Und wenn wir wieder die Feedbackschleife einbauen, könnten wir doch noch in den nächsten Jahrzehnten die luziden Träume auf Knopfdruck bekommen, die ich in einem meiner Romane schon einmal vorweggenommen habe. Und ich bekomme meinen ultimativen Lern- und Abenteuerspielplatz!

mchorost-2l-leftcolumn-worldDie Steigerung ist dann, worüber Michael Chorost in seinem faszinierenden Buch „World Wide Mind – The Coming Integration of Humanity, Machines and the Internet“ schreibt. Unsere Gedanken nicht nur über Sprache zu verbinden, sondern direkt. Ein Internet das Gehirne verbindet. Und Verbundenheit schafft. Und kombinieren wir diesen Ansatz noch mit dem Internet der Dinge! So bekommen Konzepte wie „sich in jemanden hineinversetzen“ oder „sich mit der Welt verbunden fühlen“ einen ganz neuen Stellenwert. Chorost beschreibt in dem Buch auch eine Sicht auf die evolutionäre Rolle des menschlichen Geistes, die mich seitdem nicht mehr loslässt und die Motivation für die nächste Stufe der Mental Convergence Forschung ist:

„Leute die in den Nachthimmel voller Sterne schauen und sagen ‚Ich fühle mich plötzlich so klein‘ sehen das völlig falsch. Klar sind sie physisch kleiner als eine Galaxie. Aber sie haben dieselbe Anzahl an Neuronen wie die Galaxie Sterne: 100 Milliarden … Aber was können Sterne schon? Ein wenig mit Gravitation aneinander ziehen und wenn sie sich nahe kommen ein wenig Wärme austauschen. Was in unseren Köpfen passiert ist um viele Größenordnungen komplexer, als alles was man am Himmel sieht …  Galaxien sind alt, Gehirne mit Bewusstsein die Sprache benutzen und Werkzeuge bauen sind neu.“ (Michael Chorost, World Wide Mind, Übersetzung meine).

Wir sind die Zukunft  🙂

Mental Convergence I

In den 90ern entwickelte ich eine Konzeption, einen „Fahrplan“, wie sich Technologie und die Fähigkeiten des Gehirns zusammen weiterentwickeln können. Auch heute noch gehe ich davon aus, dass diese Themen immer stärker konvergieren werden, daher auch der damals geprägte Name für meinen Fahrplan: Mental Convergence. Da sich einiges auf dem Weg getan hat, diesmal eine kleine Rückschau, mit dem weiteren Fahrplan in die Zukunft im nächsten Blogbeitrag.

Bisher wurde in der Kulturgeschichte des Menschen die Erweiterung seines Geistes durch Ansätze wie Meditation – neumodischer Mentaltraining – betrieben. Schon damit sind ja erstaunliche Dinge möglich, die uns weit vom Alltagsbewusstsein entfernen und neue Erkenntnisse und Abenteuer ermöglichen. Die Kernfrage der Mental Convergence war jetzt, wie man den menschlichen Geist durch Einsatz von Technologie erweitern kann, ggf. irgendwann durch Verschmelzung mit Technologie.

Denn wir wissen ja, man kann als Menschen nur weiterkommen, indem man entweder das menschliche Individuum entwickelt oder die Menschen geschickter vernetzt resp. sich vernetzen lässt. Oder beides. Mental Convergence handelt jetzt eben von der ersten Möglichkeit, vom menschlichen Geist und davon, was ein Mix aus Gehirnforschung, Erkenntnissen über den menschlichen Geist und die Digitalisierung so alles bewirken kann.

Mein erstes Interesse galt dem Lernen. Und nicht nur dem Lernen im Sinne von Zahlen, Daten, Fakten, sondern auch dem, was wir zur Persönlichkeitsentwicklung zählen würden, was in einem Coaching stattfindet. Im Film „The Game“, in dem der von Michael Douglas gespielten Hauptfigur die Teilnahme an einem Spiel geschenkt wird das ihr Leben verändert, wurde mir das Ideal für solches Lernen gezeigt. Das Spiel im Film ist „echt“ in dem Sinne, dass der Teilnehmer mit vollem Erleben in es einsteigt und es deshalb auch tiefgreifenden Wandel bei ihm bewirkt. Und das Spiel ist maßgeschneidert auf seine Persönlichkeit, seine Wahrnehmung und sein tiefliegendes Kernproblem.

„Full immersion“ und auf das Individuum abgestimmt sollte also ein vernünftiges Mental Convergence System zum abenteuerlichen Lernen sein. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meine Ausbildungen in NLP, Hypnose und Design Human Engineering schon weitgehend abgeschlossen. Das gab mir „Material“ für meine Reise. Im NLP lernt man z.B. dass die Art wie Menschen in ihrem Kopf bestimmte Wahrnehmungen, Gedanken, Ideen darstellen einzigartig für jede Person ist. Es macht einen Unterschied, ob ich bestimmte Ideen als Bilder sehe, oder sie in einem inneren Dialog „höre“. Und um besondere Wirkung zu erzielen müssen z.B. diese Bilder auf eine bestimmte Weise dargeboten werden, was man im NLP „Submodalitäten“ nennt. D.h. werden mir Lerninhalte auf diese Weise maßgeschneidert für meinen Geist präsentiert, bleibt davon eher etwas hängen, als wenn es eine „Standard-Show“ ist.

Das wollte ich – zumindest rudimentär – in Technologie abbilden. In den experimentierfreudigen und zukunftsgierigen 90ern habe ich da mit den aufkommenden 3D-Welten schräge Sachen ausprobiert. Ein Klassiker war mein VRML-Submodalizer von 1997, eine webbasierte 3D-Anwendung, die beim Mentaltraining helfen sollte. Die Anwendung basierte auf der Programmiersprache VRML und verwendete den gerade entwickelten 3D-Sound und MPEG-Video. Der Benutzer konnte direkt einstellen, wie groß das zentrale Bild ist, in welcher Entfernung es erscheint und aus welcher Richtung es kommt. Ebenso konnte er einstellen, aus welcher Richtung und in welcher Lautstärke die “hypnotische Stimme” in seinem Kopfhörer kommt. Auch die Farbe des Hintergrunds war individuell steuerbar. So konnte jeder Benutzer die Darstellung so einstellen, wie er selber es sich “vor seinem geistigen Auge” vorstellen würde. Und genau dieser Vorstellung wird er wohl auch bevorzugt Glauben schenken!

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Wir erinnern uns: das war weit vor dem multimedialen Internet und ein Zeitalter vor den Smartphones. So etwas heute als App mit 3D-Brille zu programmieren wäre natürlich ein Witz. Erstaunlicherweise tut es keiner. Der Zeitgeist ist in Bezug auf solche Dinge völlig unexperimentell.  Es werden lieber Apps programmiert, die gnadenlose Unterwerfung unter irgendeinen Diätpapst protokollieren (von den lobenswerten Ausnahmen mehr im zweiten Teil).

Mein Weg zur Verknüpfung von Geist und Technologie ging damals weiter zu Computerspielen mit Biofeedback, bei denen man die Computersteuerung durch Körpermeßwerte kontrollierte oder bei denen das eigene Empfinden Auswirkungen auf den Spielverlauf hatte (ja, sowas gab es vor rund 20 Jahren auch schon!). Auch so etwas konnte ja in Zukunft zum computerunterstützten Lernen eingesetzt werden.

Die Experimente von damals führten mich zum Lernen mit Spielen, auch in Onlinegames und dazu, dass ich seitdem auf einer alltäglicheren, pragmatischeren Ebene auch im E-Learning-Bereich tätig bin. Die futuristische Agenda dahinter habe ich aber nie vergessen.

Zur gleichen Zeit wie der „VRML-Submodalizer“ beschäftigte ich mich intensiv mit einem anderen „abgefahrenen“ Gebiet, dem luziden Träumen, also der Möglichkeit sich während des Traumes bewusst zu werden, dass man träumt, aber im Traum zu verbleiben. Neben dem Spaß, den man in solchen Träumen erleben kann, ist der Nutzen für mein Thema offensichtlich. Was für eine bessere Game-Machine gibt es bisher als unser Gehirn, wo bekommen wir mehr „Full immersion“ mit allen Sinnen als in unseren Träumen? Das für Lernzwecke oder zur Persönlichkeitsentwicklung zu nutzen solange unsere 3D-Technik noch nicht weit genug ist, erscheint doch nahe liegend, oder? Pioniere wie Paul Tholey versuchten sich dementsprechend auch z.B. am Sporttraining in luziden Träumen.

Ich ging auf dem Mental Convergence Weg das Thema Luzidität neben dem Mentaltraining technologisch an. Tools wie den NovaDreamer oder den DreamSpeaker etc. probierte ich alle aus, als sie auf den Markt kamen, unterstützt durch eigens produzierte Hypnosetapes.

Was mir damals schon auffiel und was prima in mein Konzept passte, war die Ähnlichkeit der Wahrnehmung in Traumwelten und in virtuellen Welten. Oneironauten (so werden die luziden Träumer genannt) müssen z.B. lernen, wie sie ihre Aufmerksamkeit steuern, damit sie im Traum bleiben. Sie müssen erkennen was genau bewirkt, dass man „da“ ist. Experimente am HitLab der University of Washington zur Wahrnehmung in virtuellen Welten zeigten spannenderweise genau dieselben Kriterien, die im Cyberspace dazu führten, dass die Menschen die Illusion als real empfanden und aus ihrer Sicht „da“ waren. Konnte man also unsere mentalen Landschaften und die virtuellen Landschaften irgendwann verschmelzen, um unseren Geist weiterzuentwickeln?

Weiter geht’s mit Mental Convergence im nächsten Blogbeitrag!